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Südtiroler Köche brauchen Wanderschuhe

2. Februar 2018 20:44

Heute erfahrt ihr, warum Südtiroler Köchinnen und Köche bei der Zubereitung von Wildkräuter-Pappardelle, selbstgemachtem Minzsirup und Quitten-Chutney die Koch-Schlappen gegen Wanderschuhe tauschen müssen und welche Gefahren dabei außerhalb der Küche lauern.

Auf der Speisekarte des Restaurants Apollonia gehören Wildkräuter-Pappardelle zu den beliebtesten Pastagerichten. Da es zur hiesigen Küchen-Philosophie gehört, alles – wirklich alles – in Handarbeit zu zubereiten und ich während meiner Praktikumszeit für die Zubereitung des Nudelteigs zuständig bin (daher auch dieser Beitrag), obliegt es mir, die Zutaten für die grüne Pasta zu sammeln. In regelmäßigen Abständen tausche ich daher meine Kochschuhe gegen zünftige Wanderstiefel und statte den umliegenden Bergalmen einen Besuch ab: Je nach Saison landen Spitzwegerich, Giersch, Brennnessel, Sauerampfer, Gundermann, Bachkresse, Bärlauch, Löwenzahn und andere frische Kräuter in meinem Korb.

Kräuter-Vielfalt vor der Haustüre

Auf 1000 Meter Höhe ist das Gelände ringsherum zwar noch nicht hochalpin zu nennen, kann aber recht unwegsam und steil sein. Die Wanderschuhe stehen also immer griffbereit in Küchennähe, falls ich spontan ins Gelände muss, um mich in der Natur zu bedienen. Das derbe Schuhwerk schützt allerdings nicht davor als unerprobte Flachlandtirolerin auch das ein oder andere Mal auf dem Hosenboden eine Bergwiese hinunter zu rutschen und die mühsam gesammelten Kräuter wieder auf der Wiese zu verteilen.

Bei einem meiner Ausflüge in die Natur – mein Auftrag lautete, Minze für die Dessert-Dekoration zu sammeln, sah ich mich einer bislang unterschätzten „Gefahr“ gegenüber: Auf der Wiese direkt neben dem Restaurant weiden seit dem Frühjahr vier friedliche Jungrinder. Die Viecher sind allerdings etwas wählerisch bei der Speisenauswahl – Minze und Brennnessel mögen sie nicht. Als Küchenhilfe auf Kräuterpirsch finde ich diese Abneigung ungeheuer praktisch, da auf der sonst kahlgefressenen Wiese nur mehr büschelweise die von mir gesuchten Kräuter wachsen.

Frohgemut klettere ich also über den Weidezaun, wie immer neugierig beäugt von den Rindern. Als ich diesmal jedoch über die Wiese laufe, scheinen mich die Tiere als Konkurrentin um das Grünzeug wahrzunehmen und kommen wild galoppierend auf mich zugestürmt. Meinem ersten Reflex folgend habe ich natürlich die Flucht ergriffen, bis mir 1. die Sinnlosigkeit („die sind eh schneller also ich mit klobigen Wanderstiefeln“) und 2. Erkenntnis („Jungrinder greifen keine Menschen an“) meines Sprints bewusst wurde. So sah ich mich Sekunden später von vier Fleischlieferanten in spe umzingelt, die meine Versuche weiter Minze zu sammeln quasi fellnah beäugten und neugierig meinen weißen Plastikkübel anstupsen.

Als ich nach diesem überstandenen Abenteuer und mit vollem Eimer meinem Chefkoch Chris von den anhänglichen Rindern berichte, ernte ich mit Blick auf meinen weißen Sammelbehälter nur schallendes Gelächter. Des Rätsels Lösung: Die Tierchen sind es gewohnt von ihrem Bauern Leckereien aus einem weißem Eimer zu bekommen. Als sie mich mit einem ähnlichen Eimer auf der Wiese sahen, dachten sie wahrscheinlich: Anderer Mensch, aber gleicher Leckereien-Eimer – stürmen wir doch mal hin…


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